Magazin
Laufen! Laufen! Laufen!
Und das ewig. Auf dem Laufband. Um den See. Durch den Park.
Hauptsache lange und weit.
So oder so ähnlich sehen wohl die Vorstellungen der meisten Leute aus, wenn es um das Thema „Ausdauer“ und „Ausdauer-Training“ geht.
Vor dem geistigen Auge entstehen Bilder von mageren Athleten, die in grellen Laufklamotten durch Wald und Flur hetzen.
Doch „Ausdauer“ und das Training dieser konditionellen Fähigkeit kann so viel mehr sein: Schwimmen, Radfahren, Rudern, Skilanglauf und Inlineskaten sind neben dem Laufen wohl die bekanntesten Sportarten, die dieser Kategorie zugeordnet werden können.
Interessanterweise können all diese Sportarten in unterschiedlichen Geschwindigkeiten und mit wechselnden Intensitäten betrieben werden. In langen oder kurzen Sessions, von gemütlichem Plaudertempo bis Schnappatmung. Ausdauer- oder auch Konditionstraining kann sehr abwechslungsreich und kurzweilig sein, und muss nicht zwangsläufig zu einem „ausgemergelten“ Ultramarathon-Körper führen.
Unzählige Studien beschreiben die positiven Auswirkungen von regelmäßigen Ausdauerbelastungen, sowohl physisch als auch psychisch. Das Ergebnis: ein gesunder, leistungsfähiger Körper, der sich um Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht keine Sorgen machen muss. Stresshormone werden abgebaut, gleichzeitig Glückshormone ausgeschüttet, die Konzentrationsfähigkeit nimmt zu.
Doch immer der Reihe nach: das Thema „Ausdauer“ kann sehr unterschiedlich strukturiert und eingeteilt werden. Definiert wird Ausdauer als die Fähigkeit, eine bestimmte Leistung über einen möglichst langen Zeitraum aufrechterhalten zu können und nach Abbruch der Belastung möglichst schnell zu erholen. Die Stichworte sind hier: Ökonomisierung des Organismus, Erhöhung des Ermüdungswiderstands und Regenerationsfähigkeit.
Abhängig vom Anteil der beanspruchten Muskulatur wird in lokale oder allgemeine Ausdauer unterschieden. Arbeitet weniger als 1/6 der gesamten Skelettmuskulatur – „lokal“, alles darüber dann – „allgemein“.
Die lokale Ausdauer hat keine allzu großen Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, sondern findet ihre Grenzen vielmehr in der Erschöpfung der beanspruchten Muskulatur, wie z.B. die des Unterarms bei länger währender Haltearbeit. Je mehr Muskeln arbeiten und demzufolge versorgt werden müssen, umso stärker wird das gesamte Herz-Kreislauf-System belastet und so dessen Leistungsfähigkeit zum limitierenden Faktor.
Ausdauerbelastungen können sowohl statisch als auch dynamisch, also als Haltearbeit oder zyklische Bewegung auftreten, beispielsweise als 10 Minuten Unterarmstütz (statisch) oder 30 Minuten Laufen (dynamisch).
Um eine Leistung über einen bestimmten Zeitraum liefern zu können, verfügt der Körper über verschiedene Arten der Energiebereitstellung, die jeweils für die unterschiedlichen Intensitäten der Belastungen genutzt werden. So kann die Energie auf aerobe oder anaerobe Art bezogen werden. Vom aeroben Stoffwechsel wird gesprochen, wenn beim Verbrennen von Kohlenhydraten und Fetten Sauerstoff verbraucht wird. Diese Form der Energiegewinnung funktioniert bei relativ niedriger Trainingsbelastung, z.B. beim Joggen, gemütlichen Radfahren oder Wandern. Bei höheren Intensitäten benötigt der Körper in kürzerer Zeit mehr Energie, die relativ langsame aerobe Energiegewinnung reicht dafür nicht aus, die Kohlenhydrate werden hierfür ohne Sauerstoff in Energie umgewandelt. Diese Möglichkeit kann durch das anfallende Laktat nur bis zu ungefähr 120 Sekunden aufrechterhalten werden.
Typische Sportarten oder Trainingsformen mit hauptsächlich anaerobem Stoffwechsel sind z.B. Sprints, Krafttraining, Gewichtheben oder hochintensives Intervalltraining (HIIT).
Beide Prozesse stehen nur scheinbar im Gegensatz zueinander, vielmehr ergänzen sie sich. Je nach Beanspruchung wechselt der Körper zwischen aeroben und anaeroben Phasen hin- und her bzw. gewichtet sie anders. Beim entspannten Radfahren im aeroben Bereich gibt es z.B. mal einen Anstieg oder „Ampelsprint“, für den schnell Energie auf anaerobem Weg bereitgestellt werden muss.
Nicht zu vernachlässigen ist neben der physischen natürlich auch die psychische Ausdauer. Eine gewisse Leidensfähigkeit lässt lange Belastungszeiten oder hohe Intensitäten aushalten. Ist diese mentale Stärke nicht vorhanden, um in physische Ausdauer-Grenzbereiche zu gehen, werden sich diese auch langsamer entwickeln.
Die Herzfrequenz als Belastungskriterium
In der Praxis hat sich für die Steuerung der Trainingsbelastung aufgrund ihrer Praktikabilität die Herzfrequenzmessung durchgesetzt. Neben Brustgurten und Armbändern gibt es heutzutage schon Sporttextilien, die mit Sensoren ausgestattet und somit herzfrequenzmessfähig sind. Eine Leistungsdiagnostik mit Atemgasanalyse, Laktat-, Blutdruck- und Herzfrequenzmessung kann die genaueste Aussage über die optimale persönliche Belastung treffen.
Die im Alltag am häufigsten angewandte und akzeptierteste Formel zur Berechnung der maximalen Herzfrequenz lautet „220 minus Lebensalter“. Personen oberhalb des 40. Lebensjahres werden dabei zwar häufig unterschätzt, aber wie gesagt, es handelt sich um einen Richtwert.
Das Erreichen der maximalen Herzfrequenz ist von der Art der Belastung abhängig und wird nur erreicht, wenn ein großer Teil der Muskulatur eingesetzt wird, so z.B. beim Laufen und Rudern oder auf Trainingsgeräten wie der Jacobs Ladder oder dem Air Bike, bei dem auch der Oberkörper eingesetzt wird. Beim herkömmlichen Radfahren in aufrecht sitzender Position werden in etwa um 10 Prozent niedrigere Herzfrequenzen erreicht. Außerdem wird mit den Beinen im Vergleich zum Rudern oder Laufen weniger Muskulatur eingesetzt, so dass deren lokale Ermüdung vor der Erschöpfung des Herz-Kreislauf-Systems kommt.
Ausdauertraining zwischen Soll und Ist
Lieblingslaufstrecke, Lieblingstrainingszeit, Lieblingstempo = Wohlfühltraining in der Komfortzone. Sowas wird schnell zur Workout-Routine. Um den Körper zu Adaptationsprozessen zu bewegen, sprich: ihn ausdauernder und leistungsfähiger zu machen, sollte er wechselnden Reizen ausgesetzt werden. Eine gute Trainingsplanung variiert die Inhalte der Einheiten genauso wie deren Dauer und Intensität.
Die Herzfrequenz als Parameter der Belastungsintensität wird in fünf verschiedene Zonen einteilt. Trainingswissenschaftlich sind das REKOM – lockeres Kompensationstraining zur Regeneration nach intensiven Belastungen, GA1 und GA2 als Grundlagenausdauer, der Entwicklungsbereich (EB) und die wettkampfspezifische Ausdauer (WSA). Oder auch einfach Herzfrequenz-Zone 1 bis 5, von leicht bis schwer.
Herzfrequenz-Zone 1 (REKOM), Belastung: sehr leicht, 50-60% der maximalen Herzfrequenz: hierbei gilt es, das Herz-Kreislauf-System zu aktivieren und den Stoffwechsel anzuregen. Es ist hervorragend dazu geeignet, um ins Ausdauertraining einzusteigen oder nach intensiven Belastungen zu regenerieren.
Herzfrequenz-Zone 2 (GA1), Belastung: leicht, 60-70% der maximalen Herzfrequenz: das Training in diesem Bereich verbessert die allgemeine Ausdauer, der Körper „lernt“, Fett als Energiequelle zu nutzen.
Herzfrequenz-Zone 3 (GA2), Belastung: mäßig, 70-80% der maximalen Herzfrequenz: der Atem wird tiefer, die Anstrengung ist deutlich spürbar, mittel- bis langfristig wird das Herz-Kreislaufsystem ökonomisiert.
Herzfrequenz-Zone 4 (EB), Belastung: hart, 80-90% der maximalen Herzfrequenz: hier werden vermehrt Kohlenhydrate zur Energiegewinnung genutzt, den höheren Laktatwerten im Blut wird standgehalten und somit der Ermüdungswiderstand steigenden Intensitäten gegenüber erhöht.
Herzfrequenz-Zone 5 (WSA), Belastung: sehr hart, 90-100% der maximalen Herzfrequenz: All Out! Hierbei geht es ans Limit, die Maximalleistung wird verbessert. Der Körper lernt, hohe Laktatkonzentrationen auszuhalten.
Das Ziel sollte es sein, alle fünf Herzfrequenz-Bereiche in der persönlichen Trainingsplanung unterzubringen. Modernes Ausdauertraining sieht variantenreich aus: schnell, langsam, kurz, lang, verschiedene Sportarten, verschiedene Bedingungen und Untergründe. Zum Beispiel Laufen als Sprint oder Dauerlauf oder gemixt als Intervalltraining. Auf Asphalt, Waldweg oder durchs Gelände. Flache Strecke oder fordernde Steigungen. Mit Schuhen oder barfuß. In Hitze oder Kälte. In Shirt und Shorts so leicht wie möglich oder mit Rucksack als Zusatzlast.
Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
Doch wie bei vielen anderen Dingen liegt auch beim Ausdauer-Training der Schlüssel zum Erfolg im Machen. Regelmäßig. Konstant.