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Die Kraft der Regeneration
Im Bereich des Trainings gibt es viele Missverständnisse. Eines davon ist zum Beispiel die ausschließliche Konzentration auf die Belastung während einer Trainingseinheit. Trainingsmethodik, Trainingsarten und Übungszusammenstellung sollen die Muskeln wachsen oder uns schneller laufen lassen, uns stärker oder leistungsfähiger machen.
Doch mindestens genauso wichtig ist die Regeneration im Anschluss an die Belastung.
Warum ist Regeneration so wichtig?
Training ist die Störung der Homöostase, sprich: des Gleichgewichts der unterschiedlichsten Systeme. Ein körperliches Training verringert erst einmal die Leistungsfähigkeit. In der anschließenden Erholungsphase (= Regeneration) kehrt diese zum Ausgangsniveau zurück, im besten Fall darüber hinaus.
In der Trainingswissenschaft spricht man dann von dem Prinzip der Superkompensation. Eine Trainingseinheit gilt erst dann als beendet, wenn die Regeneration nach einem Trainingsreiz abgeschlossen ist. Erfolg entsteht immer aus einer Kombination optimaler Belastung und optimaler Regeneration.
Ein verständliches Bild ist ein Bankkonto, von dem immer nur Geld abgeht, das also belastet wird. Es ist irgendwann leer, geht in den Überziehungskredit, der am Ende mit hohen Zinsen erkauft ist. Besser wären den Ausgaben angemessen Einzahlungen, um das Konto zumindest ausgeglichen zu halten. Im besten Fall findet man Mittel und Wege, den Kontostand anwachsen zu lassen.
Minuten, Stunden, Tage, Wochen - So lange dauert die Regeneration
So einfach das Modell der Superkompensation erscheint, so kompliziert ist es in der Praxis anzuwenden.
Auf physischer Ebene gibt es den Baustoffwechsel (Zellaufbau) und Energiestoffwechsel (Energiegewinnung). In den verschiedenen Systemen existieren unterschiedliche Zeiträume zur Wiederherstellung. Der Muskelaufbau geht z.B. zügiger als die Umwandlung der Faszien. Je intensiver die Belastung, desto mehr „Schaden“ wird in der Muskulatur angerichtet. Demzufolge steigt auch die Regenerationszeit, beim Krafttraining geht man von 48 bis 72 Stunden aus. Muskelkater ist die spürbare Variante dieser „Zerstörung von Bindegewebe“, hervorgerufen durch Mikrotraumen und den daraus resultierenden Entzündungsvorgängen. Anstatt "Muskelkater" könnte man dieses Phänomen durchaus auch "Faszienkater" nennen.
Doch Muskelkater in den Beinen z.B. bedeutet nicht gleich, drei Tage lang gar nichts zu tun. Der Oberkörper ist noch frisch und kann trainiert werden. Und eine Ausgleichsbelastung wie Schwimmen beschleunigt die Reparaturprozesse.
Nach einer intensiven Ausdauerbelastung, z.B. einem ambitioniert gelaufenen Halbmarathon, liegt die Regenerationszeit der muskulären Creatinphosphatspeicher im niedrigen Minutenbereich, der Blutzucker normalisiert sich innerhalb einer halben Stunde. Der Flüssigkeitshaushalt allerdings ist erst innerhalb von zwei Tagen vollständig ausgeglichen, die Muskelglykogenspeicher sind nach drei bis vier Tagen wieder aufgefüllt, das Immunsystem benötigt zwischen 25 und 30 Tagen, um wieder alle Abwehrkräfte zur Verfügung zu haben.
Bei optimalen Regenerationsmaßnahmen.
Doch wie sehen die aus?
Essen und Schlafen - Keep it simple!
Es gibt viele Möglichkeiten, ein wenig irreführend werden die Regenerationsmaßnahmen in aktiv und passiv eingeteilt. Moderner ist die Unterteilung in Basis- und Optimierende Regenerationsmaßnahmen. Wissenschaftlich gibt es nur zwei fundierte Möglichkeiten, die Erholung wirkungsvoll beeinflussen und optimieren: Ernährung und Schlaf. Sie stehen damit für die Basis-Maßnahmen.
Alle weiteren Optionen, z.B. Kälte- oder Wärmeapplikationen, Massage, EMS, Vibration, Kompression etc. wirken bzgl. der Erholungszeit individuell sehr unterschiedlich und sind damit die optimierenden Regenerationsmaßnahmen.
Fakt ist, dass ungenügender Schlaf und mangelhafte Ernährung nicht mit einer der optimierenden Maßnahmen ausgeglichen werden können. Diese können individuell sehr wirkungsvoll sein, sollten aber immer als Ergänzung gesehen werden.
Ernährung – Keine Angst vor Kohlenhydraten
Je mehr Sport in den Alltag kommt, desto mehr Kohlenhydrate sollten im Speiseplan auftauchen. Output erfordert Input! Nur mit vollem Tank kann im Training Vollgas gegeben werden. Oder, um im Bild des Bankkontos zu bleiben: nur wenn das voll ist, kann man es richtig krachen lassen.
Nach dem Training gilt es, genügend Wasser zu trinken, die Glykogenspeicher zu füllen und mit Nährstoffen in den Reparaturprozess einzusteigen.
Über den Tag verteilt ist ein Verhältnis von 30% Protein, 40% Kohlenhydraten und 30% Fett anzustreben. Dabei gilt der Grundsatz, so wenig verarbeitete Nahrungsmittel wie möglich zu sich zu nehmen. An trainingsfreien Tagen oder wenn der Trainingsumfang niedrig ist, sollte der Anteil an Proteinen erhöht und die Kohlenhydratzufuhr verringert werden.
Im Alltag ist es bei einem ambitionierten Trainingspensum nicht immer leicht, den Anforderungen einer optimalen Versorgung mit Nährstoffen, Mineralien und Vitaminen gerecht zu werden. Helfen können hierbei Nahrungsergänzungsmittel.
Erfahrungsgemäß fällt es schwer, den Eiweißbedarf von 1,5 bis 2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht täglich zu decken.
Hier bietet sich aufgrund seiner guten Bioverfügbarkeit, also Nutzbarkeit, Pulver aus Molkeprotein an.
Die modernere Form ist Pulver aus dem Strukturprotein Collagen, da es neben dem Muskelaufbau auch die Bildung der bindegewebigen Strukturen unterstützt. Die Substitution von Magnesium hilft der Muskulatur, sich zu entspannen und fördert den Schlaf. Zink stärkt das Immunsystem, das durch intensives, ausdauerndes Training geschwächt wird.
Und wenn es schwierig ist, seine fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag zu essen, empfiehlt sich ein hochwertiges Vitaminpräparat.
9 Stunden Schlaf macht jeden besser
Der Schlaf ist die Phase, in der unser Körper die Chance hat, Muskeln zu reparieren und das Gelernte zu festigen. Er wird in zwei Stufen unterteilt, in die REM-Phase (Rapid Eye Movement = Traumphase), in der die psychische Erholung stattfindet, und den Nicht-REM-Schlaf. Dieser wiederum wird in Stufe eins bis drei unterteilt, wobei die Stufe 3 die Tiefschlafphase darstellt und die erholsamste Phase des Schlafes ist. Nur in dieser Zeitspanne werden Wachstumshormone zur Muskelreparatur freigesetzt, das Immunsystem beseitigt Stoffwechselabfälle aus den vergangenen Stunden.
Der Schlaf durchläuft alle diese Phasen als Zyklus, wobei solch ein Zyklus ungefähr 90 Minuten dauert.
Für Normalpersonen wird häufig ein Schlafpensum von 7,5 Stunden empfohlen, bei Leistungssportlern sind 9 Stunden, also ein Schlafzyklus mehr, keine Besonderheit.
Doch im Gegensatz zu Leistungssportlern, deren Leben auf physische Belastung und Erholung optimiert ist, addieren sich bei den Alltagsathleten zum Training noch physische und psychische Stressoren aus Arbeits- und Privatleben hinzu. Und auch wenn deren Trainingspensum hinter dem von Leistungssportlern zurückbleibt, kann in der Summe die Beanspruchung auf einer vergleichbaren Stufe stehen. Sprich: auch bei einem „normalen“ Menschen würden 9 Stunden Schlaf leistungssteigernd wirken.
Wichtig ist vor allem qualitativ guter Schlaf, der ein Optimum an Tiefschlaf ermöglicht. Hier helfen Einschlafroutinen und Rituale, wie z.B. durch Selbstmassage Verspannungen zu lösen, den Tag zu reflektieren, den folgenden Tag durchzugehen und die Schlafumgebung vorzubereiten. Der Verzicht auf Alkohol, schweres Essen sowie Monitor- und Bildschirmzeit direkt vor dem Schlaf fördern die Regeneration selbstredend zusätzlich.
Keine Erholung. Na und?
Bis zu einem gewissen Grad ist der menschliche Körper in der Lage, auch ohne eine adäquate Erholung relativ leistungsfähig zu sein. Unser Körper hat in seiner Jugend auch nach durchgemachten Nächten ansprechende Leistungen vollbracht. Mit fortschreitendem Alter spüren wir aber, dass uns das immer schwerer fällt. Die Regenerationsgeschwindigkeit ist unter anderem vom Alter abhängig. Je älter, desto länger dauert der Erholungsprozess. Und je älter man ist, desto geringer ist auch die Collagenproduktion im Körper. Ergo geht auch die Regeneration des kompletten Bindegewebes langsamer.
Verwehren wir unserem Körper immer wieder die notwendige Erholung, leidet zwangsläufig die Leistungsfähigkeit darunter. Weitere Begleiterscheinungen: permanente Müdigkeit, Antriebs- und Appetitlosigkeit, Verlust der Libido, Anfälligkeit für Infekte.
Regeneration – komplex und individuell
Regeneration sollte immer einen Zweck haben und nicht zum Selbstzweck verkommen. Es geht nicht darum, so viele Regenerationsmaßnahmen wie möglich zu absolvieren, sondern erholt zu sein. Um besser zu trainieren und leistungsfähiger zu sein.
Die Frage, die dabei im Raum steht, ist immer: halte ich mich mit Nebensächlichkeiten auf oder befasse ich mich mit den Themen, die mich wirklich voranbringen? Wenn mich eine berufliche Angelegenheit z.B. psychisch belastet, ist Lavendelduft zwar angenehm. In den erholsamen Schlaf finde ich aber vermutlich erst, wenn das Problem gelöst ist.
Regeneration ist ein hoch komplexer und höchst individueller Prozess, der für den Erhalt sowie die Steigerung unserer Leistungsfähigkeit unerlässlich ist. Nur wer nach einer Belastung optimal regeneriert, wird auf Dauer leistungsfähig werden und bleiben.